ALTE ERINNERUNGEN UND IHRE NEUEN SPEICHER
Symposion (3. 11. – 5. 11.) und Ausstellung (25. 10. – 5. 11.)
Literaturhaus Frankfurt am Main
Konzeption von Thomas Hettche
Hyper/Science/Fiction

Als Weiterentwicklung virtuell-konzeptueller kollaborativer Texte und früher Medienkunst-Projekte, die eine imaginäre Interaktion mit Lesern und Zuschauern propagieren, verlangen kollaborative Projekte im Netz tatsächlich den Input und die Manipulation von Daten seitens der UserInnen.

Das Einschleusen ausführbarer Programme, Schreibrechte für anonyme User auf Datenbanken und das Aufknacken der zunächst noch an der Buchkultur orientierten Interfaces von Browsern und Netzseiten hin zu aktions- und objektorientierten und von den Usern konfigurierbaren, einfach 'benutzbaren' Interfaces schafft jetzt auf breiter Basis Möglichkeiten netzwerkunterstützter Zusammenarbeit, die bisher nur avancierten Netzkunstprojekten vorbehalten war.

Der Text wird zu einer Oberfläche, zu einer Schnittstelle für die Begegnung von Leser und Schreiber, Urheber und Nutzer, Sender und Empfänger. Ob solche Versuche wirklich längerfristig und nachhaltig neue Diskursformen herausbilden helfen, vielleicht sogar die von Hypertext-Theoretikern immer wieder geforderte (und von den Programmentwicklern bisher nie eingelöste) Hybridisierung zwischen Form und Inhalt, zwischen Text und Kontext, zwischen Produktion und Rezeption, zwischen Autorfiktionen und Leserimaginationen zu bearbeiten und managen helfen - wird die Zukunft gezeigt haben werden.

Hören wir endlich auf, zu lesen und zu schreiben und die Geschichte immer wieder zu wiederholen, und fangen wir endlich an, gemeinsam zu Schreib/Lesern zu werden, d.h. unsere kulturellen, mentalen, diskursiven Wissenssysteme zu verknüpfen, unsere Lieblingsstellen und Lektüre-Momente, Lesezeichen, Randbemerkungen, Fußnoten ... auszutauschen und das Internet als einen interkulturellen intertextuellen Diskursraum zu benutzen. Nicht das Taschenbuch, die mailbox, der Hypertext oder das E-Book ist revolutionär, sondern der Gebrauch, den wir davon machen.