ALTE ERINNERUNGEN UND IHRE NEUEN SPEICHER
Symposion (3. 11. – 5. 11.) und Ausstellung (25. 10. – 5. 11.)
Literaturhaus Frankfurt am Main
Konzeption von Thomas Hettche
Ausstellung

Die Ausstellung ist ab 25.10. bis 5.11. täglich von 12 bis 20 Uhr geöffnet, ausser Samstag, den 28.10.

Begleitend zum Symposion BUCHMASCHINEN. ALTE ERINNERUNGEN UND IHRE NEUEN SPEICHER wird in den Räumen des Literaturhauses Frankfurt vom 25.10. bis zum 5.11. 2000 eine Ausstellung gezeigt, die den technologischen Bogen vom Manuskript zum Internet schlägt und vom Schreiben mit Tinte über Buchobjekte, Leseköpfe und Hypertexte zum E-Book.

Neben Arbeiten der Referenten des Symposions – etwa Objekten von Sigrid Sigurdsson, einem Hypertext von Heiko Idensen und dem Netz-Essay KLIK von Harald Taglinger und Thomas Hettche – bietet sich die Möglichkeit, mit dem E-Book umzugehen und online Literatur im Internet zu erkunden. Vor allem jedoch zeigt die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit Jürgen Steen vom Historischen Museum Frankfurt, dem Förderkreis Industrie- und Technikgeschichte e.V. Frankfurt am Main und der Sammlung Dietmar Stroh entstand, Exponate aus deren Beständen. Dabei zeichnet sie den Weg nach vom ersten Maschinentext des Buchdrucks mit beweglichen Lettern bis zur Auflösung der Buchkultur in den Übermittlungs- und Verknüpfungspotentialen der elektronischen Netze.

Von Presse und Handgießinstrument, die ebenso zu Werkzeugmaschinen entwickelt werden wie der Handsatz, führt die Ausstellung zum Maschinenbuch der industriellen Revolution und dem sich mit ihm herausbildenden Markt der Massenproduktion. Die Schreibmaschine mit Typenhebel und Walze steht dabei auf der Seite des Produzenten beispielhaft für die unter den Bedingungen des mechanischen Zeitalters unauflösbare Barriere zwischen Produzenten und Lesern.

Die Überwindung dieser Schranke zwischen Produktion, Vervielfältigung und Vermittlung übernahm denn auch nicht die Letter, sondern der Schalter. Und so folgt die Ausstellung dem Weg der ”Buchmaschine” zu den Anfängen der elektrifizierten Kommunikation, zu Relais, Röhre und Transistor. Rechnen und Speichern war den ersten Computern dasselbe, und Geschichten erzählten denn auch alle Rechenmaschinen nicht, solange Software und Hardware wie in den Festwertspeicher, die die Ausstellung zeigt, eins waren.

Erst mit dem XT von IBM, dem ersten Personal Computer, der in der Ausstellung auch als frühe Laptop-Version zu sehen ist, trennt sich das Speichern vom Rechnen, und der Inhalt des Gedächtnisses der Maschinen unterscheidet sich entsprechend der profanen Bedürfnisse der Anwender von ihren Programmen. Womit die moderne Ortlosigkeit des Gedächtnisses angelegt ist, deren Sog nun das Buch von seinem Körper befreit.

Nicht länger ist es heute der Cassiber, der – immer unterwegs von einem Ort zum anderen – die Schreib- und Leseköpfe unserer Kultur miteinander vernetzt. Das, was die Bücher erzählten, ist überall immer schon da. Und auch das Internet ist dabei wiederum keine Maschine der Inhalte, sondern eine der Übermittlung. Und so zeichnet die Ausstellung zum Schluß noch deren Vorgeschichte nach vom Fernschreiber über den Akustikkoppler bis zum Lichtwellenleiter.

 

 
Schreib/Lesekopf der IBM Magnetplatte 3344 aus den 70er Jahren